Seit über zehn Jahren vergleiche ich die offiziellen Statistiken der Ertrinkungsopfer mit der Entwicklung der Unfallzahlen im Straßenverkehr und prangere an, dass die großen deutschen Schwimmorganisationen seit Ende der sechziger Jahre im Anfangsunterricht das Thema Sicherheit im Wasser weitgehend ignorieren und sich gegenüber neuen Konzepten konsequent verweigern. Inhalte, Ziele und Organisationsformen auf den Prüfstand stellen – Fehlanzeige und lähmender Stillstand. Allein ein Zusammenhang mit der Qualität des Sommers lässt sich erkennen, aber keinerlei grundsätzliche Verbesserung. Im Straßenverkehr wurden nach Angaben des statistischen Bundesamtes die tödlichen Unfälle bis heute um rund 85 % reduziert – und das bei einer Verdreifachung des Verkehrsaufkommens in diesem Zeitraum.
Ich werde diesen Zustand weiterhin als Armutszeugnis der Schwimmausbildung bezeichnen – werde auch in Zukunft nach passenden Vergleichen schauen, da mir die Kindersicherheit am und im Wasser am Herzen liegt, auch weil ich bislang einige langjährige intime Einblicke in Familienschicksale nach Ertrinkungsfällen hatte.
Im Hinblick auf Ignoranz und Boykott der „Großen“ habe ich bislang die Feuerwehr zum Vergleich herangezogen, habe gefragt, für wen es denkbar ist, dass man sogar in den größten deutschen Kommunen der Feuerwehr lebensrettende erprobte, bewährte Ausrüstung über Jahre verweigert, sogar jeden Gedankenaustausch, jede Besichtigung und Erprobung blockiert und positive Erfahrungen anderer pauschal unter den Teppich kehrt?
Natürlich ist das unvorstellbar! Dagegen bestätigt sich beim Schwimmen Immer wieder der Eindruck, dass vor allem in der Führungsetage der Rettungsschwimmer offenbar medienwirksame Rettungsaktionen im Fokus stehen und der kindgerechten Unfallprävention im Schwimmunterricht keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Nun freue ich mich, dass bei der BvAP-Jahrestagung “AQUAPÄD 2018” Anfang November in Bad Wildungen der international bekannte deutsche Flugexperte Christof Kémeny zum Thema „Flugsicherheit und Schwimmunterricht“ sprach.
Zunächst ließ er die Teilnehmer zum Risikopotential im Krankenhaus, in der Partnerschaft, beim Skisport und beim Fliegen rätseln – leider fehlte das Schwimmen dabei. Na klar, jeder Krankenhausaufenthalt ist mehrtausendfach riskanter als das Fliegen – Partnerschaft und Skisport liegen immer noch weit näher am Krankenhaus als am Fliegen. So weit, so gut.
Nun folgten aber eindrucksvoll illustrierte Insiderinfos der weltweit vernetzten Flugsicherheitsexperten zum Umgang mit Störungen im Flugverkehr. Selbst kleine, scheinbar unbedeutende Ereignisse, werden weltweit analysiert, diskutiert und Unfallexpertenteams nehmen sich alle Zeit der Welt, Lösungen zu entwickeln, sie ausgiebig im Simulator zu testen und im internationalen Flugregelwerk zu integrieren, damit auch derartige „Kleinigkeiten“ in Zukunft ausgeschlossen werden.
So ist die Fliegerei mit weitem Abstand zum sichersten Verkehrsmittel geworden – eigentlich nichts Neues, aber in dieser Form dennoch sehr beeindruckend.
Zum Ende seines Vortrages stellte Christof Kémeny die Frage (der ich mich hier anschließen möchte) , warum man in Deutschland nicht im Hinblick auf die Sicherheit unserer Kinder ähnlich gewissenhaft handelt – zumal das Risiko im Wasser um ein vielfaches höher ist als beim Fliegen.
Ich bin sehr gespannt, ob ich dazu noch ein paar neue Antworten bekomme.