Wolfgang Hein schreibt am Ende des Editorials:
„Zusätzlich zu dem Problem „Infrastruktur Bad“ gibt es die Frage zu klären, wer die Kompetenzen für die Schwimmausbildung besitzt. Ohne eine Berufsgruppe diskriminieren zu wollen, aber Grundschullehrerinnen- und Lehrer sind es schon von ihrer Ausbildung her nicht. Die Schwimmausbildung nach den Ausbildungsinhalten des DSV ist unbestritten die Beste in Deutschland. Sie müsste nur konsequent durch die Vereine in Kooperationen mit den Schulen angewendet werden.“
Die hier vorgestellte Richtung der DSV-Entwicklung deutet darauf hin, dass der Wille an echter Kooperation von vornherein unterentwickelt ist. Diese Aussage lässt wieder einmal die weit verbreitete Überheblichkeit der fachfremden Funktionäre in den Reihen der konservativen Schwimmorganisationen erkennen. Was nützt der Hinweis, nicht diskriminieren zu wollen, wenn man genau das im nächsten Halbsatz macht?! Hat Herr Hein einmal überlegt, wie er als Architekt reagieren würde, wenn beispielsweise ein hoher GEW*-Funktionär zunächst die Ausbildung der Architekten grundsätzlich als ungeeignet bezeichnet, dann die „Architektenausbildung der GEW“ als Beste unseres Landes darstellt um abschließend in plumper Art eine Kooperation einzufordern, frei nach dem Motto: „Denen müssen wir endlich mal zeigen, wie es richtig geht!“
Nein, Herr Hein, so wird es nicht gehen! Auf diese Art verschreckt man weitere, dem Schwimmsport (noch) wohlgesonnene „Nachwuchslieferanten“ in den Schulen. Sie übersehen bei derartigen Feststellungen, dass unsere Lehrer zwar weit überwiegend weder Ausbildung noch Erfahrung mit dem Sportschwimmen vorweisen können, dafür aber generell lernwillig sind und zumindest recht gute Kenntnisse in Pädagogik und Psychologie mitbringen. Das ist im Schwimmunterricht entscheidend – hier müssen Ausbilder ihre Stärken zeigen, wenn sie im Anfangsschwimmen die ganze Klasse zum Ziel führen und nicht nur die Abzeichenstatistik gewinnen oder Talentsichtung betreiben wollen. Lehrer haben nun mal die dankbare Aufgabe, allen Kindern (vor allem auch den schwachen, ängstlichen, den Spätentwicklern und Antitalenten, sogar den angeblichen „Bewegungsidioten“!) die Welt des Wassers mit Blick auf dessen vielfältige Vorzüge in Sachen Sicherheit, Vielseitigkeit, Selbstvertrauen und späterer Lebensqualität auf kindgerechte Art nahe zu bringen. Schwimmen ist nicht nur Sportschwimmen, schon gar nicht vom ersten Moment an, sondern weitaus mehr! Das sollte man auch in der Chefetage des DSV begreifen.
Als Reaktion auf das obige Statement ist zu befürchten, dass die Zahl der Zweifler am Schwimmsport weiter zunehmen wird, auch wenn es aktuell noch gelingt, das alles überragende DSV-Hauptinteresse Spitzensport mit dem Mantel der parallel propagierten „Gemeinwohlorientiertheit“ oberflächlich zu kaschieren. Auch ist damit zu rechnen, dass weiterhin Ehrenamtliche der eigenen mittleren Hierarchie über „die da oben in Kassel“ urteilen, dass man dort doch „nur olympische Ringe und Dollarzeichen in den Augen“ hat.
Die ambitionierte Aussage zur besten deutschen Schwimmausbildung wird sicherlich von vielen DSV-Mitgliedern wohlwollend als Streicheleinheit aufgenommen, solange sie „von oben“ mit symbolischen Scheuklappen ausgestattet und damit entmündigt werden.
*GEW = Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft