Wer zu den Glücklichen zählt, die zwischen mehreren Schwimmbädern wählen können, der sollte Folgendes beachten: Es ist richtig, dass man in nahezu jedem Wasser schwimmen lernen kann, selbst unter den Eskimos soll es welche geben, die diese Kunst beherrschen. Wer es aber in unseren Breiten gut mit seinem Kind meint, wird ihm keine frustrierende »Zitterpartie« zumuten wollen und ein Bad suchen, das ein »kindgerechtes« Lernen erlaubt. Das bedeutet, man sollte ein überschaubares, ruhiges und vor allem warmes Bad (Wasser und Luft) einem großen Schwimmzentrum oder Erlebnisbad vorziehen.
Die Zentralbahnhofsatmosphäre eines Großbades – mit all seiner Unruhe, die gelegentlich zur beängstigenden Geräuschkulisse wird, mit den neuen (nicht immer Wohl-) Gerüchen, mit den »unheimlich« vielen, fast nackten, fremden Menschen – verursacht bei etlichen Kindern Beklemmungen. Wenn dazu auch noch zu niedrige Temperaturen kommen, dann müssen nicht selten auch jene Eltern, die bislang voller Stolz von ihren draufgängerischen Kindern berichteten, einsehen, dass ihre »Mini-Rambos« plötzlich als angeblich wasserscheue Babys dastehen.
Den zögerlichen Kindern wird man eigentlich immer einen großen Gefallen tun, wenn man ihnen den Start ins Wasser durch die Wahl eines überschaubaren, ungestörten Raumes erleichtern kann, in dem das »Wohlfühlen und Geborgensein« möglich ist.
Wenn ehemalige »wasserscheue Angsthasen« – die oft bereits an anderer Stelle einen »Fehlstart« erlebt haben – aufgrund der angenehmen, kindgerechten Atmosphäre in unserer Schwimmschule plötzlich zu den Überfliegern gehören, werden wir in den Augen der Eltern nicht selten zu Zauberern, was sicherlich sehr werbewirksam für die Schwimmschule ist. Mit etwas vorausschauender Überlegung können sich diese Erfolgserlebnisse genau so gut in der Familie entwickeln.
Alle übrigen Kriterien wird man meist erst während des bereits laufenden Kurses erfahren. Natürlich wird am Ende auch der Preis eine Rolle spielen. Wenn es Ihnen die Sache wert ist, stellen Sie bei Ihren Überlegungen neben den unmittelbaren auch die späteren Vorteile (Freizeitgestaltung, Lebensqualität) in den Vordergrund.
Sofern Sie eine private, kommerzielle Schwimmschule in Betracht ziehen und Ihnen die gelegentlich deutlich höheren Preise pro Übungsstunde auffallen, sollten Sie bedenken, dass diese Anbieter – im Gegensatz zu öffentlichen Schwimmbädern – nicht mit erheblichen Zuschüssen aus dem Steuertopf bedacht werden.
Der folgende exemplarische Vergleich zwischen der Aquapädagogik und dem traditionellen Anfangsschwimmen soll als zusätzliche Hilfe bei der Suche nach einem optimalen Angebot dienen. Zur Verdeutlichung wurde bewusst polarisiert; diverse Mischformen sind bekannt.
Aquapädagogik | Traditioneller Ansatz |
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Ein vorheriges Probeschwimmen gibt Kindern, Eltern und Lehrkräften die Gewissheit, »das Richtige« zu tun. Mögliche Ängste werden rechtzeitig ab- gebaut. Dem wirklichen Kursbeginn wird danach freudig entgegen gesehen. |
Nicht üblich, insbesondere zögerliche, ängstliche Kinder sehen ein unbekanntes, bedrohlicher werdendes Großprojekt auf sich zukommen und blockieren daher nicht selten bei Kursbeginn. |
Kinder können bereits im Kindergartenalter – also ab ca. 3 Jahren – starten und sind entsprechend früher als ihre Altersgenossen im Wasser zu Hause. | Kinder starten im Grundschulalter, das heißt frühestens ab 6 Jahren, häufig jedoch erst mit 8-9 Jahren. |
Erfolgsbasis ist das Vertrauen des Kindes zur Lehrkraft. Es wird vor allem durch die direkte Hilfestellung im Wasser aufgebaut. Sie erfolgt so lange und so oft wie nötig. Das Vertrauen zur Lehrkraft wird vom Kind auf das Wasser übertragen und mündet in gesundem Selbstvertrauen. |
Lehrkräfte unterrichten vom Beckenrand aus und »dirigieren« die Kinder nicht selten mit einer Alustange. Die Kinder fühlen sich als hilflose Kommandoempfänger. Aus ihrer Perspektive ist die Lehrkraft ein wenig Vertrauen schaffender, Befehle erteilender »Riese« außerhalb des Wassers und der eigenen Reichweite. |
Ganzheitlicher pädagogischer Ansatz, bei dem vor allem der individuelle Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt wird. Kinder lernen entsprechend ihrem persönlichen Leistungsniveau und müssen individuelle motorische Lernprozesse keinem starren Lehrplan anpassen. Fazit: weniger Leistungsdruck, weniger Frustration. |
Der vorgegebene Lehrplan wird konsequent eingehalten. Der individuelle Entwicklungsstand sowie die motorische Reife des einzelnen Kindes bleiben zu oft außer Acht. Kinder geraten dabei leicht unter Leistungsdruck – mit der Gefahr von Frust und Blockade. |
Intensiver »Projektunterricht« während der entscheidenden Lernphase zum selbstständigen Schwimmen. Unterricht an 3 Tagen pro Woche ermöglicht zügiges Lernen: Die Chance Gelerntes zu vergessen oder Ängste zu entwickeln ist deutlich geringer. Was später oftmals im sicheren Klassenraum Sinn macht, ist erst Recht beim Erobern eines neuen, noch fremden Elements sinnvoll. |
1x wöchentlicher Unterricht. Durch lange Pausen zwischen den Unterrichtseinheiten wird Gelerntes schneller vergessen und mögliche Ängste bauen sich stärker auf. Es geht die berühmten zwei Schritte vor – und einen zurück. |
Die Umkehr des Schreckreflexes, die Orientierungsfähigkeit unter Wasser und das passive Schwimmen sind zentrale, im Wasser lebenswichtige Fähigkeiten, mit denen die Kinder bereits von Anfang an einfühlsam und dennoch intensiv konfrontiert werden. Das Ergebnis: Schnelle Vertrautheit mit dem Wasser und sicheres Bewältigen der alltäglichen Hürden und Missgeschicke. |
Die überragende Bedeutung dieser Fähigkeiten ist hier entweder unbekannt oder spielt nur an wenigen Stellen eine untergeordnete Rolle. Der Unterricht ist zumeist starr auf korrekt ausgeführte Bewegungsabläufe ausgerichtet und vernachlässigt dadurch zu oft und in jedem Alter die notwendige Sicherheit. |
Hohe Übungsintensität durch das häufige Schwimmen von Kurzstrecken mit früher Eigenverantwortung beim scheinbar »wenig geordneten« Schwimmen. Während des Kurses finden bereits ca. 500 freiwillige, kontrollierte Sprünge und über 1000 bewusste kleine Tauchversuche statt. |
Scheinbar besonders geordneter Unterricht geht zu Lasten der Intensität. Springen und Tauchen werden in Form von Mutproben eher selten angeboten. Ergebnis: Die Kinder können sich »über Wasser halten«, sind aber unzureichend mit dem Wasser vertraut und damit in ungewohnten Situationen weiterhin besonders gefährdet. |
Sicherheit durch vielseitige motorische und situative Aufgaben. Kinder lernen in natürlicher, kindgemäßer Form. Das besonders schwer zu erlernende und wenig ausdauernd zu bewältigende Brust- schwimmen spielt zunächst nur eine untergeordnete Rolle! |
Die Methodik orientiert sich primär an der anspruchsvollsten Art des gesamten Sportschwimmens, dem Brustschwimmen. Weil die Kinder damit im Kindergartenalter regelmäßig überfordert sind, wird das Schwimmen erst sehr viel später angeboten. |
Die Kinder dürfen hier zur Belohnung für gutes Mitmachen mit »dünneren« Schwimmflügeln schwimmen, sich »tiefer« im Wasser verstecken und am Ende der Stunde einen »Flug« vom Beckenrand machen. Das schafft Anreize, baut Ängste ab und erzeugt Sicherheit und Selbstvertrauen. | Mit den Anweisungen »Wir machen jetzt. . . « oder »Du musst nun. . . « kommen ältere und robuste Kinder meist gut zurecht. Vorsichtige und Ängstliche enden sehr schnell als »wasserscheue Versager«. Mehr noch: Hier wird oftmals eine lebenslange negative Einstellung gegenüber dem gesamten Sport geprägt. |
Kontinuität schafft Sicherheit. Das gilt in Hinblick auf die Bezugsperson, die Zusammensetzung der Gruppe und die zeitliche Durchführung. | Sowohl Schichtbetrieb als auch »unverbindliche Lerngruppen« mit häufig wechselnden Teilnehmern erschweren besonders bei jüngeren Kindern den notwendigen Vertrauensaufbau. |
Eine kindgerechte Lernumgebung erzielt positive Wirkung. Wenn Wasser-, Lufttemperatur und Ausstattung stimmen, stimmt die Atmosphäre. | Häufig sind Wasser- und Lufttemperatur zu niedrig. Die Kinder können sich nicht wohl fühlen und daher auch nicht entspannt und konzentriert lernen. |
Natürliches und konsequentes »Hineinwachsen« in die notwendigen Verhaltensregeln am und im Wasser schließt Spaß und Freude am Unterricht nicht aus. Kinder erwerben in dieser ersten Schulsituation soziale Kompetenzen durch wichtige Erfahrungen beim Lernen in der Gruppe. Das hat häufig positive Auswirkungen auf den Kindergarten- und Schulalltag. |
Allein der Ordnungsrahmen lässt dem »Erleben« der Spielregeln zu wenig Raum. »Auswendig Lernen« tritt an Stelle von praktischer, situationsgerechter Anwendung. |
Abzeichen sind nur ein positiver Nebeneffekt. Im Vordergrund steht der gemeinsame Erwerb von Fähigkeiten sowie Spaß und Freude an der vielseitigen Bewegung im Wasser. | Oft steht der Erwerb von Abzeichen im Vordergrund. Es sagt aber kaum etwas über die Sicherheit und das wirkliche Leistungsvermögen aus. |
Gläserner Unterricht. Wenn die Bedingungen es erlauben, sollten Eltern den Unterrichtsbereich einsehen und das Geschehen von außen verfolgen können. Sie sind so immer auf dem Laufenden und das schafft Vertrauen. Eltern übertragen ihr Vertrauen gegenüber dem Lehrer wieder auf das Kind. |
Die Unterrichtssituation ist für die Eltern häufig nicht transparent, der Unterricht findet hinter verschlossenen Türen statt. Es ist den Eltern kaum möglich, diesen wichtigen Lernprozess ihres Kindes zu beobachten und zu begleiten. |
Auf den intensiven Anfangsunterricht (der auch hier in der Regel mit dem Erwerb des Seepferdchenabzeichens endet) folgen wöchentliche Aufbaukurse bis zum Einstieg in das Sportschwimmen. Sie festigen und erweitern die erworbenen Fähigkeiten. | Häufig keine – oder nur für bereits erkannte Talente vorgesehene – weiterführende Kurse. Fazit: Die frisch erworbenen Fähigkeiten werden leicht wieder verlernt. Sowohl Kinder als auch Aufsichtspersonen überschätzen dann schnell die tatsächlich noch bestehenden Fähigkeiten. Leider oft mit fatalen Folgen. Zögerliche Kinder und »Spätentwickler«, die auch im Schwimmsport die breite Masse bilden, bleiben »unentdeckt«. |
Kinder, die an anderer Stelle bereits als »gescheiterte Versager« oder »wasserscheue Angsthasen« abgestempelt wurden, steigern hier parallel zum Schwimmen schnell ihr Vertrauen und Selbstbewusstsein. |
Überfordert man Kinder durch zweifelhafte frühe Mutproben, hat das oftmals lebenslang anhaltende negative Folgen für die Einstellung zum Sport und das gesamte Freizeitverhalten. Mehr dazu im Kapitel „Unterrichtsopfer“. |
Ganz aktuell: Und noch eine Schwimmlehrer- Kollegin meint: Aber das ist doch kein richtiges Schwimmen:(
Klar ist es das! Und wie ich mich gefreut habe. Mit zwei Mädchen, 8 / 9 Jahre alt bin ich zum ersten Mal auf die 25 m- Bahn. Beide sind Wechselschlagschwimmer, beide haben in Rückenlage eine ausgezeichnete Wasserlage und kommen, alleine mit Kraulbeinschlag, vorwärts. Was will ich mehr?
Also los, reinspringen und lossschwimmen. Ich daneben. Garkein Problem. Wir drei sind glücklich. Sogar 2 Bahnen schaffen sie, also 50 m!!!
Als die Beiden aus dem Wasser kommen, fragen sie gleich: Und wann bekommen wir unser Seepferdchen? Ich: Von mir aus sofort! Strahlende Gesichter. Doch ich hatte mit dem Widerstand gerechnet. Also sage ich: Ich spreche erst mit den Kollegen.
Und, wie oben beschrieben,erst betretenes Schweigen, dann: Aber das ist doch kein richtiges Schwimmen. Wie soll ich das denn den Eltern erklären?
Ich muss lachen, obwohl ich auch hätte weinen können.
Also: Rückenkraul- Armschlag geübt. Und? Eine der beiden bekam es auf Anhieb schon gut hin. Bei der zweiten dauert es wohl noch länger.
Nächste Woche werde ich mal mit der Direktorin sprechen.
Wie heißt es auf dem „Zeugnis für Frühschwimmer“, dem sogenannten Seepferdchen? Sprung vom Beckenrand und 25 m schwimmen .
Wir wissen das.