Aquapädagogik ist ein seit Anfang der 70er-Jahre praktiziertes Lehrkonzept, das Kindern frühes, sicheres, vielseitiges und vor allem entwicklungsgerechtes Schwimmen ermöglicht. Der Sportpädagoge Uwe Legahn entwickelte es als Alternative zum traditionellen deutschen Schwimmunterricht, der noch heute im Wesentlichen der Ausbildung des kaiserlichen Militärs in den beiden vergangenen Jahrhunderten gleicht. Der von ihm geprägte Begriff „Aquapädagogik“ legt den Fokus auf den Lernbereich – vom Babyschwimmen bis zum Einstieg in das Sportschwimmen. Oftmals wird das Angebot durch die Schwimmausbildung für Erwachsene sowie ein vielschichtiges, effektives Aquafitness-Programm ergänzt.
Je nach personellen und räumlichen Möglichkeiten erweitern oftmals unterschiedlichste Angebote aus dem weiten Spektrum des gesamten Wassersports das Programm.
Mehr über die Entwicklung, Inhalte und Ziele der Aquapädagogik
Die Entstehung
Im Verlauf der intensiven theoretischen Auseinandersetzung mit den Inhalten seines im Herbst 2000 erschienenen Buches „Im Wasser zu Hause“ sowie der Vorbereitung der Seminare seiner 1999 gegründeten DELPHIN-Akademie für Aquapädagogik (DAAP) entwickelte und definierte Uwe Legahn den Begriff der Aquapädagogik. Der Grund: Bereits als junger Leistungssportler – und später als Sportlehrer und Trainer – erkannte Legahn gravierende Mängel in der allgemeinen Schwimmausbildung. Deren negative Auswirkungen wurden für ihn während seiner Zeit als Rettungsschwimmer auf Sylt besonders deutlich. Die anschließende Ausbildung zum Sportlehrer bot ihm Gelegenheit, seine Ideen zur Mängelbeseitigung in der Praxis anzuwenden. So entstand während seiner Tätigkeit im niedersächsischen Schuldienst, im Verein und in seiner privaten Schwimmschule ein eigenständiges Konzept, das er zunächst in einigen Lehrerfortbildungen in Niedersachsen verbreitete.
Später folgte Legahn dem Wunsch einiger Kollegen und Eltern, seine Aquapädagogik nicht als persönliches Geheimnis zu betrachten, sondern sie – mittels Buch und Film – an die Öffentlichkeit zu bringen. Das Ergebnis war internationale Aufmerksamkeit. Bis heute folgten über 300 Vorträge und Seminare, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, in Argentinien, Brasilien, Australien, Neuseeland sowie 14 mehrwöchige Ausbildungsreisen in China, wo die Aquapädagogik bereits 2015 die staatliche Anerkennung erhielt.
Das Konzept
Die Beachtung folgender Faktoren durch das Lehrpersonal gilt als entscheidender Erfolgsgarant des kindgerechten sportpädagogischen Konzepts: Der individuelle Entwicklungsstand, vorhandene „Wassererfahrungen“ und die Konzentrationsfähigkeit der Kinder. Die Schwimmschüler haben sich keinem starren „Lehrplan“ anzupassen, sondern der Unterrichtsablauf wird bis zur momentanen Tagesform und Gefühlslage angepasst, sogar oftmals individuell gestaltet. So haben Kinder (und Eltern!) das Gefühl, den Unterricht – als freudiges Erlebnis – erfolgreich gemeistert zu haben und fiebern der nächsten Schwimmstunde neugierig entgegen.
Eltern und Fachpersonal in diversen Bildungseinrichtungen sind inzwischen weltweit überzeugt, dass die Aquapädagogik es möglich macht, „ganz normale Kinder“ (keineswegs nur vermeintliche Talente!) besonders früh, extrem sicher und vielseitig zum Schwimmen zu bringen. In spielerischer, kindgerechter Form bieten die Anfangskurse ein umfassendes „Notfalltraining“ mit den Schwerpunkten:
Schreckreflexumkehr
passives Schwimmen
sofortige Orientierungsfähigkeit unter Wasser und
Schwimmen im Gedränge
Sie gelten als Überlebensversicherungen, was seit 2014 in einem neutralen Test nachweisbar ist. Somit bildet das Anfangsschwimmen mit fortführenden Angeboten bis zu den Grundformen des Sportschwimmens den Kernbereich der Aquapädagogik.
Der frühe Start
Das Baby- und Kleinkindschwimmen (mit Eltern) ergänzt die Aquapädagogik seit 1992 als optimale Vorbereitung und erlaubt vielen Kindern einen noch früheren Zugang zum Schwimmen. In den ersten 2-3 Lebensjahren werden Aquapädagogen[1] jedoch meist nur indirekt auf die Kinder einwirken, indem sie überwiegend als Lehrer, Erzieher, Psychologe, Berater oder auch Animateur der „unterrichtenden Eltern“ tätig sind. Sie benötigen daher besondere Kompetenzen sowohl für den Einsatz in der Erwachsenenbildung (weit über den Schwimmlehrgang hinaus) als auch in den Sparten Physiologie und Entwicklungspsychologie. So können sie den Eltern und ihren Kindern bei der Entwicklung eines innigen gegenseitigen Vertrauensverhältnisses sowie beim Entdecken, Erleben und Bewältigen des Wassers begleitend und hilfreich zur Seite stehen. Dadurch gelingt es ihnen später besser, das gleiche Vertrauen der Kinder zu erlangen – als wichtige Basis für den eigentlichen Schwimmlernprozess.
Sogar bislang unsicheren Eltern vermittelt die Aquapädagogik die optimale Vorbereitung auf zwangloses und angstfreies Babyschwimmen. Zahlreiche zwanglose, immer spielerisch und motivierend gestaltete Tauchübungen gehören für die Kleinen selbstverständlich dazu und werden schnell zur Normalität.
Für Kinder, die seit dem Babyschwimmen eine gute Vorbereitung in den vorherigen Kursen erlebt haben, ist es keine Utopie, sogar das Kraulschwimmen bereits vor dem Grundschuleintritt in einer annähernd sportgerechten Grundform zu beherrschen. Und es gibt zahlreiche Beispiele, dass auch die Kinder, die erst in den Kompaktkursen für ca. Dreijährige zur Aquapädagogik kommen, das gleiche Niveau erreichen. Selbstverständlich sind im späteren Verlauf der folgenden Wachstumsphasen bis in den leistungssportlichen Bereich hinein ständige Anpassungen/Korrekturen nötig, die in den Folgekursen berücksichtigt werden.
Weitere Inhalte der Aquapädagogik sind neben dem Vermitteln der primären motorisch-sportlichen Lernziele:
Der Erwerb der im Wasser existenziell wichtigen „Sicherheitskultur“ durch ständiges, zunächst spielerisches Üben und Trainieren diverser wassertypischer Gefahrenmomente.
Der Erwerb sozialer Kompetenzen in der Gruppe mit dem Ziel, frühzeitig die Grundlagen für den angemessenen Umgang mit der „lifetime activity“ Schwimmen zu legen und diese auf weitere Sport- und Lebensbereiche zu transferieren.
Der Erwerb weiterer Grundfähigkeiten durch mit dem Schwimmen eng verbundene Bereiche und andere Wassersportangebote.
Erwachsenenschwimmen
Seit 1992 kommen Menschen verschiedenen Alters mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen in die Schwimmkurse für Erwachsene. Die Spanne reicht von: „Ich hatte als Kind keine Möglichkeit“ über „Ich fühle mich als Unterrichtsopfer“ bis zu „Ich will zum Triathlon, brauche nur noch das Kraulen lernen“ – und auch traumatisierte Flüchtlinge, deren Familie neben ihnen im Mittelmeer ertrank.
Aquafitness
Nach einigen Einblicken in das „Aquafitness“ genannte Krafttraining der US-amerikanischen Topprofi-Teams integrierte Legahn es in sein Gesamtkonzept. Seit den 90er-Jahren ergänzt es die Aquapädagogik als ideales Training für Erwachsene.
Weit über den Bereich reiner Animation oder herkömmlicher Wassergymnastik hinausgehend, bietet das Konzept zielgerichtete, kontinuierliche Sport- und Gesundheitsprogramme. Aquapädagogen gehen auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Alters- und Leistungsgruppen ebenso ein wie auf die breit gefächerten Erfordernisse im therapienahen Bereich und eröffnen damit auch späten Einsteigern ein Leben in Sport und Gesundheit.
In entsprechend angepasster Form hat sich die Aquafitness vielerorts – neben dem Baby- und Anfangsschwimmen – zur „dritten Säule“ im Gesamtkonzept der Aquapädagogik entwickelt.
Liebe Grüße, Uwe