Kontrovers

Der Streit um Prüfberechtigungen in der Schwimmausbildung

Warum dieser Konflikt uns alle betrifft

Die Schwimmausbildung in Deutschland befindet sich in einem unnötigen Konflikt. Im Mittelpunkt: der Bundesverband zur Förderung der Schwimmausbildung (BFS) – als Zusammenschluss der Sport, Rettungs- und Berufsverbände – und der Bundesverband für Aquapädagogik (BVAP). Es geht um weit mehr als Prüfberechtigungen – nämlich um die Frage, wie früh, wie sicher und wie kindgerecht Schwimmen gelehrt wird. Der Ausgang dieses Konflikts wird direkte Auswirkungen auf die Sicherheit und Entwicklung unserer Kinder haben.

Die Entstehung des BVAP: Ein modernes Konzept für frühes Schwimmen

Der BVAP wurde im Jahr 2000 gegründet – inspiriert vom US-amerikanischen Modell der National Swim School Association (NSSA). Ziel war es, ein pädagogisch fundiertes, altersgerechtes und qualitativ hochwertiges Ausbildungskonzept zu schaffen, das Kindern bereits im Kita-Alter das Schwimmen beibringt. Die Gründer verfügten über langjährige Erfahrung in Schulen, Vereinen und Verbänden und brachten die Prüfberechtigungen aus den verschiedenen Verbänden mit.

Die Aquapädagogik, als übernommene inhaltliche Basis des BVAP, setzt auf spielerisches Lernen, individuelle Förderung und eine kindgerechte Umgebung. Sie berücksichtigt die motorischen, kognitiven und emotionalen Entwicklungsstufen der Kinder und führt sie behutsam und sicher an das Element Wasser heran.

Der lange Weg zur Prüfberechtigung

Von Beginn an bemühte sich der BVAP um die Aufnahme in den BFS, der die Vergabe der offiziellen Schwimmabzeichen koordiniert. Neben der Aufnahme ging es um den Erhalt der Prüfberechtigung für neu ausgebildete und zertifizierte BVAP-Mitglieder. Doch der BFS ignorierte die Anfragen jahrelang. Erst 2014 – nach der Androhung die Medien einzuschalten – wurde dem BVAP kurzfristig die schriftlich die Prüfberechtigung erteilt.

Die Eskalation: Neue Satzung, alte Probleme

Mit der neuen Prüfungsordnung des BFS im Jahr 2020 wurde dem BVAP die Prüfberechtigung ohne nachvollziehbare Begründung entzogen. Die offizielle Begründung lautete, der BVAP verfüge nicht über die „erforderliche Struktur“, um eine einheitliche Schwimmausbildung sicherzustellen. Dabei ist die Satzung des BVAP vollständig rechtskonform und wurde nie von offizieller Seite beanstandet. Der Verband arbeitet effizient, ehrenamtlich und mit großem Zuspruch aus der Praxis – ganz ohne aufgeblähte Verwaltungsapparate, auf kommunaler und Landesebene.

Juristische Gutachten bestätigen: Der Entzug der Prüfberechtigung ist formal unwirksam. Zudem wirft das Verhalten des BFS Fragen zum Wettbewerbsrecht, zur Berufsfreiheit und zum Missbrauch von Monopolstellungen auf. Es entsteht der Eindruck, dass wirtschaftliche Interessen und Machtansprüche über pädagogische Qualität und Kindersicherheit gestellt werden.

Die Rolle des DSV: sportkonform statt entwicklungsgerecht?

Der Deutsche Schwimmverband (DSV) gilt als Initiator der neuen Prüfungsordnung. Aus seiner Sicht ist Schwimmausbildung für Drei- bis Fünfjährige nicht sinnvoll – eine Haltung, die im Widerspruch zur kindlichen Entwicklung und pädagogischen Erfahrungen steht. Seit 2014 belegt ein neutraler Test den Erfolg der frühen Schwimmausbildung.

Der DSV lehnt sogenannte „schwimmerische Mischformen“ ab, die in der Aquapädagogik bewusst eingesetzt werden, um Kindern den Einstieg zu erleichtern. Gemäß ihrer motorischen Entwicklung sind sie im Kita-Alter mit wesentlichen sportgerechten Bewegungsmustern überfordert. Die Ablehnung der Mischformen führte zur Konstruktion der neuen BFS-Regeln – mit dem Ziel, alternative Ausbildungsformen zu unterdrücken.

Aquapädagogik: Ein bewährtes Konzept mit internationaler Anerkennung

Die Aquapädagogik setzt auf altersgerechte, spielerische Methoden. Kinder dürfen sich zunächst frei im Wasser bewegen, bevor sie schrittweise an sportliche Schwimmtechniken herangeführt werden. Das fördert nicht nur die frühe Wassersicherheit, sondern auch Selbstvertrauen, Sozialkompetenz und Freude an Bewegung.

Viele Kinder bleiben ihrer Schwimmschule über Jahre treu und finden später den Weg zum Sport- und Rettungsschwimmen. Eltern, Erzieherinnen und Lehrkräfte berichten von großem Lernerfolg und hoher Motivation. Die Aquapädagogik wird mittlerweile weltweit anerkannt und geschätzt.

Eltern und Fachkräfte: Vertrauen in die Aquapädagogik

Gerade nach der Corona-Zwangspause wenden sich viele Eltern bewusst an BVAP-zertifizierte Ausbilderinnen und Ausbilder. Sie schätzen die kindgerechte Lernumgebung, die zumeist idealen Wasser- und Lufttemperaturen und die motivierende Unterrichtsform. Die Aquapädagogik vermittelt nicht nur Schwimmtechniken, sondern vor allem Sicherheitskompetenzen, die deutlich über die Anforderungen des Bronzeabzeichens hinausgehen.

Die Ausbilderinnen und Ausbilder des BVAP verpflichten sich per Ehrenerklärung, ihren Schützlingen diese zusätzlichen Fähigkeiten als „Überlebensversicherungen“ mitzugeben – ein klares Zeichen für Verantwortungsbewusstsein und pädagogische Tiefe.

Der Machtmissbrauch: Verdrängung statt Verständigung

Die neue BFS-Satzung enthält einen Abschnitt zur „assoziierten Mitgliedschaft“, der von vielen als Kontrollinstrument gewertet wird. Bewerber sollen ohne Mitspracherecht aufgenommen und bei Bedarf ausgeschlossen werden können. Der BVAP lehnt diese Form der Mitgliedschaft ab – aus Sorge um Unabhängigkeit und Qualität.

Besonders brisant: Die Prüfberechtigung soll laut neuer Regelung nur innerhalb der ausstellenden Organisation gelten und bei einem Wechsel in andere Verbände automatisch erlöschen. Ein klarer Versuch, unliebsame Mitbewerber auszugrenzen und ein vermeintliches Monopol zu sichern.

Appell an Fairness und Zusammenarbeit

Wichtig ist: Der Konflikt betrifft nicht die engagierten Ausbildenden „am Beckenrand“. Dort herrscht oft ein respektvoller Umgang zwischen Mitgliedern der BFS-Verbände und Aquapädagogen. Die Kritik richtet sich vorwiegend gegen führende Funktionäre, die sich Gesprächen und Neuerungen verweigern.

Aquapädagogen sehen es als ihre Pflicht, auf Missstände hinzuweisen und für die Sicherheit der Kinder einzutreten. Wir fordern Respekt, Fairness und Zivilcourage – und eine Schwimmausbildung, die sich an den Bedürfnissen der Jüngsten orientiert.

Schlusswort: Haltung zeigen für die Schwächsten

Wer Kindern das Schwimmen beibringt, verdient höchste Anerkennung. Wer es schafft, Drei- bis Vierjährigen diese Fähigkeit zu vermitteln, fördert nicht nur Sicherheit im Wasser, sondern auch Selbstbewusstsein und Lernfreude. Die Position der Aquapädagogen ist integrierend. Das Interesse gilt allein der Sicherheit der Kinder. Höchster Respekt vor allen, die mit Herz und Verstand unterrichten – ob professionell oder ehrenamtlich.

Es gilt gemeinsam Haltung zu zeigen: für Kindersicherheit, für entwicklungsgerechten Unterricht – gegen Klüngelei und Machtmissbrauch. Jede Unterstützung ist willkommen.